Bleibe gelassen

– fühlen wie ein Buddha –

Emotionen – sie machen Momente zu etwas Besonderem oder ziehen uns runter. Ist es möglich sich nicht zu sehr auf die Gefühlsachterbahn zu begeben? Buddha hatte schon vor 2500 Jahren die Ruhe weg. Mit Meditation und Gelassenheit schaffen auch wir das!

 

 

Gerne hätte ich diesen Artikel mit einer smarten Definition des Begriffs „Emotion“ eingeleitet. Als Yogalehrerin arbeite ich viel mit Menschen und gebe ihnen dabei Ideen an die Hand, wie sie mit ihren Emotionen umgehen können. Doch wie sieht es in mir selbst aus? Anstelle mich auf die Suche nach einer theoretischen Beschreibung zu machen, habe ich zum Einstieg einen genauen Blick hinter meine Kulissen gewagt:

Was sind Emotionen?
Ich stehe morgens auf. Nach einiger Zeit im Bad, dem Anziehen meiner Kleider und einem Frühstück, mache ich mich auf den Weg zu meinem ersten Vortrag als Yogalehrerin. Ich komme an, halte meinen Vortrag, unterhalte ich mich noch ein wenig mit dem Publikum und gehe nach Hause.

Auf Anfang:
Mit wackeligen Knien stehe ich auf. Ich werde zum ersten Mal in einem großen Unternehmen einen Vortrag halten. Vorträge sind eigentlich nicht mein Ding. Ich bin viel zu aufgeregt, kann davor nicht schlafen. Da es jedoch eine gute Chance ist mein neu eröffnetes Yogastudio vorzustellen, hatte ich zugesagt. Ich wanke ins Bad und spüre mein Magengrummeln, habe 1000 Gedanken im Kopf. Meine Hände sind schweißnass, als ich meine Zahnbürste greife. Gedanken wie: naja, ich könnte einfach nicht hingehen – Gedanken von einem vorgetäuschten Fahrradunfall gehen mir durch den Kopf. Moment: Sollte ein Unfall etwa besser sein, als einen Vortrag zu halten? Ich bekomme vor lauter Flattern im Bauch nur wenige Bissen Frühstück hinunter. Gedanklich gehe ich immer wieder meinen Vortrag durch. Bis ich es letzten Endes nicht mehr hinausschieben kann und losfahren muss. Bevor ich den Raum betrete, durchströmen mich die verschiedensten Fluchtreaktionen. Schnell aufs Klo – wenigstens eine kleine Flucht. Der Raum füllt sich und meine Hoffnungen, dass heute Morgen alle Gäste ganz plötzlich etwas Anderes vorhaben, bestätigen sich nicht. Ich höre wie ich vorgestellt werde. All eyes on me. Ok, ich stehe. Das ist gut. Meine zittrigen Beine tragen mich. Ich spüre ein Kribbeln bis in die Haarspitzen. Habe ich Gänsehaut? Mein Mund ist so staubtrocken, dass es mich wundert, dass ich den ersten Satz herausbekomme. Ich merke ein leichtes Vibrieren in der Stimme, bin jedoch überrascht wie schnell sich das legt. Bis, naja, ich mich nach 20 Minuten sogar richtig wohl in meiner Haut fühle. Ich beobachte mich für einen Moment von außen, wie ich plötzlich scheinbar gelassen dastehe. Hochkonzentriert. Es läuft! Schwups, ist es vorbei. Ich spüre wie die Anstrengung nachlässt. Wie mein Körper sich auf einmal federleicht anfühlt. Schmetterlinge sind in meinem Bauch. Ein unglaubliches Gefühl des Glücks durchströmt mich. Ich habe es geschafft! Was für ein schöner Tag.
Der gleiche Tag, der gleiche Vortrag. Im zweiten Teil, jedoch gespickt mit der Würze des Lebens. Mit meinen Emotionen, meiner Persönlichkeit. Mit den Gefühlen, die diesen Vortrag zu etwas Unvergesslichem machen.

Die Ansicht des Buddha
Der Buddhismus unterscheidet zwischen positiven, negativen und neutralen Emotionen. Also Emotionen, die wir als angenehm, unangenehm und neutral einstufen. Jede Emotion zeigt sich in einer Körperbewegung und einem gedanklichen Impuls durch bestimmte Bilder. Eine Körperempfindung drückt sich beispielsweise durch einen schneller werdenden Atem, ein hüpfendes Herz oder ein Magengeflatter aus. Auf diese Körperregung folgt meist zeitgleich eine geistige Regung wie meine Fluchtgedanken vor dem Vortrag oder es entstehen Bilder in uns, die wir diesem Gefühl zuordnen.
Mit Meditation schaffen wir zuerst ein Gespür für unseren Körper und bauen ein Bewusstsein für unsere geistigen Prozesse auf. Wir lernen durch Reflexion die Emotionen und deren körperliche Bewegungen zu erkennen. Wir schauen uns an was in uns passiert und können Gefühle mit der Zeit einordnen und benennen. Wir beobachten welche Gedanken zu den Gefühlen aufkommen und geben ihnen einen Namen. Dadurch können sie uns nicht überrollen und uns im schlimmsten Fall handlungsunfähig machen. Unsere Emotionen erschrecken uns weniger. Wir können uns aktiv dafür entscheiden den Gefühlen mehr Raum zu geben. Wir müssen sie nicht verdrängen oder wegschieben. Sondern können sie beobachten und eventuell sogar annehmen. Wie wäre es, wenn wir beim nächsten Ärger zuerst innehalten. Schauen wie sich unser Ärger zeigt. Ist da ein Gefühl des Drucks auf der Brust oder eine zusammengekniffene Stirn? Kommen Gedanken wie „Der/ Die hat das wirklich schon wieder gemacht. Warum passiert das immer mir?“ Wir beobachten dieses Spiel. Notieren geistig mit einer Notiz was wir feststellen: „Ich bin gerade verärgert. Der Ärger strömt durch mich durch.“

Der Schlüssel zum Glück
Im Buddhismus lernen wir etwas über das feine Wort Anicca – die Unbeständigkeit allen Seins. Der konstante Wandel. Wir lernen in den Meditationstechniken am eigenen Körper das Alles: jede Körperempfindung, jede geistige Regung, jede Situation der ständigen Veränderung unterworfen ist. Das macht schöne Momente, voller angenehmer Emotionen wie Glück und Liebe so wahnsinnig kostbar. Für die unschönen Momente jedoch, die wir als unangenehm einstufen wie Angst und Wut heißt das aber auch, dass sie sich stets wandeln. Nichts bleibt so wie es ist! Mit diesem Wissen kann tiefe Gelassenheit entstehen. Ein Gleichmut, der uns im Alltag begleitet. Ich fühle gerade tiefe Trauer. Fühle wie mich diese Körperempfindung durchströmt, beobachte genau meine Gedanken dazu. Ich weiß, dass in ein paar Stunden, in einigen Tagen oder in einem Jahr dieser Schmerz nicht mehr der Gleiche ist, wie jetzt gerade.

„Nichts bleibt so wie es ist!
Mit diesem Wissen kann tiefe Gelassenheit entstehen.“

Am besten noch ein Schwank aus meiner Emotionskiste. Die folgende Geschichte hat viel an meiner Sicht auf bestimmte Situationen und meine Herangehensweise an schwierige Momente verändert.
Wie jedes Jahr leitete ich letzten Sommer zusammen mit einem Naturcoach ein Retreat zum Thema „Yoga & Natur“. Während des Seminars gingen wir zu einer Session in den Wald. Es fing an zu regnen. Wir saßen auf dem Waldboden. Es war ungemütlich. In Gedanken ärgerte ich mich über meinen Naturfreund. Und dachte „Alle holen sich eine Erkältung. Bestimmt sitzt jetzt keiner gerne hier.“ Ich spürte, wie ich mich verkrampfte. Ich zitterte, alle Muskeln waren angespannt. Meine Gedanken drehten Karussell. An Naturmeditation war nicht zu denken. Irgendwann sagte er: Was wäre, wenn du die Kälte annehmen würdest? Das Ungemütliche durch Dich durchfließen lässt statt dagegen anzukämpfen. Was wäre, wenn Du den Körper entspannst? Ertappt! Also entspannte ich mich. Versuchte mein Bestes die Kälte durch mich fließen zu lassen. Und es funktionierte! Ich merkte wie die Kälte, nachdem ich mich nicht mehr wehrte, weniger schlimm war. Ja, es war sogar ganz schön bei Regen im Wald. Alles duftete. Ich fühlte den weichen Regen auf meinem Gesicht. Die Situation, die mich kurz zuvor noch verärgerte, war plötzlich nicht mehr so schlimm. Diese Erfahrung im Wald begleitet mich noch heute. Immer wenn ich merke, dass ich gegen etwas ankämpfe, versuche ich mich zu entspannen, mich in Gelassenheit zu üben und mich selbst mit Humor zu betrachten.
Viele Grüße,
Jeanette

Meditationen für zu Hause
Die Gefühlsmeditation
Spüre in dich hinein. Gibt es gerade eine Emotion? In welchen Körperbereichen spürst du das Gefühl? Wie zeigt es sich? Benenne deine körperlichen Beobachtungen. Welchen Namen hat das Gefühl? Erlaube dir anschließend deine Gedanken zu dieser Emotion zu betrachten. Welche Bilder, Erwartungen, Erinnerungen gibt es? Benenne diese. Versuche jede Körperempfindung und jeden Gedanken so anzunehmen wie er ist. Abschließend gönne dir noch einige ruhige Atemzüge.

Die Gelassenheitsmeditation
Wandere mit der Wahrnehmung durch deinen Körper durch. Sei dabei ganz aufmerksam. Welche Körperempfindungen wie Kribbeln, Anspannung, Pulsieren, Zusammenziehen, Kitzeln…gibt es in den verschiedenen Bereichen zu entdecken? Suche dir eine Empfindung aus und beobachte sie etwas länger. Ist sie konstant oder verändert sie sich? Wie sieht diese Veränderung aus? Erlebe den steten Wandel, die Unbeständigkeit am eigenen Körper.
(Magazin Auszeit: https://www.auszeit.bio)

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